Einigkeit allein reicht nicht – Wir brauchen einen Neustart

Um es deutlich zu sagen: Hier geht es nicht um Kredite für Investitionen in Infrastruktur, sondern um die Finanzierung laufender Kosten – man könnte also von einem Dispo-Kredit sprechen. Wenn Kommunen ihre Handlungsfähigkeit verlieren, bedeutet das konkret: Projekte der Daseinsvorsorge müssen gestoppt werden, Schulen und Kitas drohen Einschränkungen, Infrastrukturmaßnahmen verzögern sich, selbst Gehälter können nur noch über neue Kredite gesichert werden. Die Menschen erleben den Staat vor Ort, und wenn er hier versagt, wächst die Enttäuschung, das Misstrauen und die Bereitschaft, sich radikalen Alternativen zuzuwenden. Ein „Weiter so“ ist nicht zulässig.

Sozialkostendiskussion beenden

Bund, Land, Wirtschaft, Verbände, Gemeinden und Städte – wir sind uns einig, dass etwas passieren muss. Die Sozialkosten sprengen die kommunalen Haushalte – spätestens über die Umlage. Kosten, auf die wir als Kommunen keinen Einfluss haben und die auf bundesgesetzlichen Vorgaben beruhen. Wir sind uns einig, dass hier Handlungsbedarf besteht. Die Lösungsansätze sind auch allen bewusst: Entweder ändert der Gesetzgeber die Gesetze  oder er macht das System schlanker und effizienter oder er gibt mehr Geld ins System. Kommunen können die Gesetzgebung nicht ändern und es ist auch nicht unsere Aufgabe, hier Vorschläge zu machen. Bund und Länder müssen hier nicht nur einen Konsens finden, sondern schnell ins Handeln kommen.

Deutschland benötigt jetzt einen klaren Neustart für Staat, Gesellschaft und Wirtschaft. Eine Agenda 2030 muss fest verankert werden – nicht als Schlagwort, sondern mit klaren Prioritäten, verlässlicher Finanzierung und überprüfbaren Maßnahmen. Die Handlungsfähigkeit der Kommunen ist dabei zentral: Ohne starke Städte und Gemeinden bleiben alle Reformversprechen wirkungslos. Hier erleben die Menschen den Staat, hier zeigt sich, ob Politik funktioniert oder nur diskutiert wird.

Bürokratie-Umbau jetzt!

Alle sind sich einig, dass eine umfassende Staatsmodernisierung unerlässlich ist. Wir brauchen einen Bürokratie-Umbau. Zu lange ersticken unsere Kommunen in Kontrollpflichten, Dokumentationszwängen und Bürokratie. Personal und Mittel fehlen, Entscheidungen verzögern sich, pragmatische Lösungen sind nur schwer möglich. Freiräume für schnelle, wirksame Entscheidungen vor Ort sind notwendig. Mehr Vertrauen, weniger Kontrolle – das ist kein Luxus, das ist erforderlich, um Handlungsfähigkeit zu sichern und die Bürger mitzunehmen. Die Vorgaben zur Umsetzung der geplanten Investitionsoffensive zum Sondervermögen zeigen aber, dass es leider doch am Umsetzungswillen fehlt, durch mehr Vertrauen unnötige Bürokratie zu verhindern.

Trotz alledem gibt es leise Hoffnung. Bund und Länder haben im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz am 4.12.2025 die 200 Maßnahmen umfassende föderale Modernisierungsagenda beschlossen.  Maßgeblich wird aber sein, ob und wie die Maßnahmen umgesetzt werden, denn bei der Erarbeitung des Pakets waren die Kommunen nicht eingebunden, so dass ein eigentlich sinnvoller Vorab-Praxischeck ausgeblieben ist.

Auch in Rheinland-Pfalz ist der Bürokratie-Umbau angestoßen: Über 500 Vorschläge der kommunalen Spitzenverbände, zwei Maßnahmenpakete der Landesregierung mit insgesamt 91 Vorhaben – aber auch hier muss es schneller gehen.

Viele politische Ankündigungen klingen gut, bleiben aber oft an der Oberfläche. Die Städte und Gemeinden fordern jetzt konkrete Maßnahmen: kurzfristige finanzielle Hilfen, verlässliche und bürokratiearme Investitionsprogramme und eine spürbare Reform der föderalen Finanzbeziehungen. Wenn Bund und Länder hier nicht handeln, werden Defizite nicht nur finanziell, sondern auch gesellschaftlich und politisch spürbar. Wenn die Menschen das Vertrauen verlieren, dass der Staat seine grundlegenden Aufgaben erfüllt, öffnen sich Türen für Radikale, Populisten und Kräfte, die unsere Demokratie und unseren Zusammenhalt bedrohen.

Unsere Städte und Gemeinden müssen Orte bleiben können, an denen die Menschen die Sicherheit, den Service und die Perspektive erleben, die sie von einem modernen Staat erwarten.

Ralph Spiegler, Vorsitzender des GStB Rheinland-Pfalz.
Ralph Spiegler

Vorsitzender

Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz