Die Enquete-Kommission des Landtages, die sich schwerpunktmäßig bisher mit den kommunalen Finanzen und ihrer Sanierung beschäftigt hat, steht vor dem Abbruch oder dem Umbruch. Lange Zeit – rund 2 Jahre – war eine Bestandsaufnahme – schwerpunktmäßig zur kommunalen Finanzsituation – ihr Inhalt. Sie führte sehr schnell zu dem Vorschlag, doch nun endlich auch in Rheinland-Pfalz das Konnexitätsprinzip in die Verfassung einzufügen. Nach langen – teilweise quälenden - Diskussionen haben sich darauf die Parteien, dann folgend die Enquete-Kommission und der Landtag, verständigt. Nunmehr gibt es auch in Rheinland-Pfalz das Konnexitätsprinzip. Ein wichtiger Schritt und ein Zeichen, dass das Land seine bisherige Praxis der Neuübertragung von Aufgaben oder ihrer Ausweitung ohne die entsprechenden Finanzmittel nicht fortführen will.
Damit scheinen aber auch die Kräfte der Enquete-Kommission erlahmt. Nach einem von den Sachverständigen in der Enquete-Kommission angekündigten Abstimmungsverhalten zugunsten eines Vorschlages zur Konkretisierung des Konnexitätsprinzips, wurden die von den Regierungsfraktionen in die Enquete-Kommission entsandten Sachverständigen zurückgezogen und durch neue Sachverständige ersetzt. Die Diskussionen über die Bewertung dieses Vorganges und die Angemessenheit des Umgangs mit Sachverständigen und mit einer Enquete-Kommission und damit auch über das weitere Schicksal dieser Kommission, dauern an.
Ausgangspunkt dieses Streits – und das ist die Begründung für den Austausch von Sachverständigen - ist, dass sich die Kommission nunmehr schwerpunktmäßig mit Stadt-Umland-Problemen und nicht mehr mit den kommunalen Finanzen beschäftigen soll.
Nun kann man sich trefflich darüber streiten, was denn wohl „Stadt-Umland-Probleme“ unter den Bedingungen des Landes Rheinland-Pfalz sein sollen. Strukturen wie im Großraum Mannheim (Rhein-Neckar-Raum), im Großraum Stuttgart oder München oder auch – viel näher – Frankfurt – gibt es in Rheinland-Pfalz nicht.
Fragt man nach oder schaut man sich um, werden solche Stadt-Umland-Probleme immer nur aus der Stadt Ludwigshafen – und zwar schwerpunktmäßig aus dem landespolitischen Raum – artikuliert. Fragt man weiter nach, was denn mit Stadt-Umland-Problemen gemeint sei, so folgt der Hinweis auf die vermeintlich arme Kernstadt und ihren vermeintlich reichen Speckgürtel, die kreisangehörigen Städte, Gemeinden, Verbandsgemeinden im Umfeld durch deren Eingemeindung, die Stadt und damit alle saniert würden. Auf das, was tatsächlich im Umfeld unsere kreisfreien Städte zwischen der Stadt und dem Umland an Kooperation, an Auseinandersetzung, an Abstimmung, an Missstimmung und Übereinstimmung tatsächlich erfolgt und vorhanden ist, wird dabei relativ wenig abgehoben.
Jedenfalls haben Stadt-Umland-Probleme, was immer das sein soll, glücklicherweise bisher nicht dazu geführt, die Solidarität der Städte, Gemeinden, Verbandsgemeinden und Landkreise in Sachen Finanzausstattung und gemeinsamen Kampf um diese Finanzausstattung, zu gefährden und zu beseitigen. Es ist zu hoffen, dass dieser kommunale Grundkonsens nicht jetzt durch landespolitische Diskussionen gefährdet wird oder von Seiten des Landes gestört oder beendet werden soll.
In diesen Zusammenhang passt auch die Diskussion über die gesetzliche Verankerung bzw. Verlängerung des Beistandspaktes und seine Umwandlung in einen den Kommunen gesetzlich verordneten Stabilisierungsfonds. Zur Erinnerung: Der Beistandspakt zwischen Land und kommunalen Spitzenverbänden sieht die zinslose Vorfinanzierung des fehlenden Betrages zum Erhalt einer Finanzausgleichsmasse von jährlich 1,6 Milliarden Euro vor.
Die Rückzahlung ist vorgesehen und vereinbart ab dem Zeitpunkt, zu dem die den Kommunen zustehende Finanzausgleichsmasse höher ist als diese 1,6 Milliarden Euro. Derzeit sind den Kommunen im Rahmen dieses Paktes rund 600 Millionen Euro vom Land kreditiert. Die Rückzahlung wird bis mindestens 2010, wahrscheinlich bis 2011 dauern, bis dahin gibt es eine unveränderte Finanzausgleichsmasse.
In einer solchen Situation kann eine Diskussion über die Einführung eines Stabilisierungsfonds, der in guten Zeiten überschüssiges Geld aufnehmen und in schlechten Zeiten nicht vorhandenes Geld als Kredit aufnehmen und vorfinanzieren soll, nur deplaziert wirken. Mit diesem Fonds soll jede weitere Vorfinanzierung von kommunalen Mitteln durch das Land zur Erhaltung des Betrages von 1,6 Milliarden Euro nur noch als zu verzinsender Kredit und nicht mehr als zinslose Vorfinanzierung des Landes möglich sein.
Als Bonbon um diese bittere Pille – dauerhafte Beschränkung und Abfindung des kommunalen Bereichs mit einem bestimmten Betrag – zu versüßen, wird für das nächste Jahr eine Steigerung der Finanzausgleichsmasse um 1%, immerhin 16 Millionen Euro, in Aussicht gestellt. Diese 16 Millionen Euro sind – so das Vorhaben der Landesregierung Gesetz wird – eine gesetzlich vorgeschriebene, also zwangsweise gemeinschaftliche Kreditaufnahme aller Kommunen. Damit zieht sich das Land aus der Verantwortung für die Stabilisierung des kommunalen Finanzausgleichs zurück.
Der Sanierung der Kommunalfinanzen dienen zukünftig gemeinschaftliche, vom Land gesteuerte und entschiedene Kreditaufnahmen der kommunalen Gebietskörperschaften. Ein Beitrag zur Sanierung der Kommunalfinanzen? Wohl kaum. Es macht nur den Wege dort hin länger und den Berg der aufgehäuften Kredite noch größer als sie ohnehin schon sind. Selbstkritisch betrachtet hätten die Kommunen und ihre Vertreter sich besser auf den Beistandspakt mit dem Land nicht eingelassen und die bittere Wahrheit über die kommunale Finanzsituation schon vor Jahren eingefordert.
Der ursprüngliche Beistandspakt ist aber auch im übrigen in der Zwischenzeit ausgehöhlt. Standardabbau, für die Kommunen Bestandteil und Voraussetzung für den Beistandspakt wurde vom Land von Anfang an lustlos und zurückhaltend betrieben. Das in dieser Diskussion übrig gebliebene Standardflexibilisierungsgesetz – von Standardabbau oder Standardöffnung redet schon keiner mehr - ist auch schon ein halbes Jahr alt und immer noch nicht in der Gesetzesmaschinerie. Abgesehen davon sind die dort schwerpunktmäßig angesprochenen Verfahrensfragen ohnehin von so geringer Relevanz, dass man finanzielle Entlastungen oder gar einen echten Beitrag zur Sanierung der Kommunalfinanzen davon wahrlich nicht erwarten kann.
Im Ergebnis paart sich Ebbe in der Kasse mit Stillstand in der landespolitischen Diskussion. Was herauskommen wird ist eine kommunale Zwangsanleihe von 16 Millionen Euro pro Jahr. Im übrigen bleiben wir mit unseren Finanzproblemen uns selbst überlassen.
GStB-Kommentar aus Gemeinde und Stadt 09/2004
Reimer Steenbock
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes