Pressemeldung
Tariftreue ja – aber bitte ohne neue Bürokratielasten für Kommunen und Mittelstand
Der Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz begrüßt das Anliegen des Bundesgesetzgebers, soziale Standards bei öffentlichen Aufträgen zu stärken. Der aktuell vorliegende Entwurf für ein neues Tariftreuegesetz stößt jedoch auf erhebliche Bedenken hinsichtlich seiner Praxistauglichkeit, insbesondere für die kommunale Ebene und den Mittelstand.
„Der Gesetzentwurf verfolgt ein nachvollziehbares Ziel: Wer öffentliche Aufträge erhält, soll faire Löhne zahlen und sich an geltende Tarifverträge halten. Dieses Bekenntnis zu sozialer Verantwortung unterstützen wir ausdrücklich. Aber der Weg, den der Entwurf vorsieht, ist mit neuen Bürokratielasten für Kommunen und Betriebe gepflastert. Statt fairer Vergabe droht ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand, der viele überfordern wird“, erklärt Moritz Petry, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz.
Die kommunalen Vergabestellen sollen künftig umfangreiche Nachweise und Erklärungen der Unternehmen prüfen – obwohl sie bereits heute personell und technisch stark belastet sind. Der Gesetzentwurf sieht weder zentrale Prüfinstanzen noch digitale Verfahren zur Unterstützung der Verwaltungen vor. Damit drohen längere Vergabeverfahren, Unsicherheiten bei der Umsetzung und ein erheblicher zusätzlicher Aufwand.
Auch auf Unternehmensseite – insbesondere im Handwerk und bei kleinen und mittleren Betrieben – führt das Gesetz zu neuen Hürden. Die zunehmenden Dokumentations- und Nachweispflichten lassen die ohnehin komplexen Vergabeverfahren noch schwerfälliger werden. Paradoxerweise könnte dies ausgerechnet die Unternehmen treffen, die sich bereits heute tariflich binden und sozial verantwortlich handeln.
„Es zeigt sich hier ein Muster, das wir leider häufiger beobachten: Während in Berlin der Bürokratieabbau versprochen wird, wird an anderer Stelle durch neue Gesetze genau das Gegenteil erreicht. Wer den Staat handlungsfähig und die öffentliche Vergabe effizient halten will, darf Kommunen und Mittelstand nicht mit zusätzlichen Belastungen überziehen“, so Petry weiter.
Besonders kritisch sieht der Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz die fehlenden Kontroll- und Sanktionsmechanismen im Gesetzentwurf. Die Einhaltung der Tariftreue soll über Eigenerklärungen sichergestellt werden – ohne klare Zuständigkeiten oder wirksame Prüfverfahren. Das schafft rechtliche Unsicherheit und öffnet Umgehungsmöglichkeiten Tür und Tor.
„Was wir brauchen, ist keine Symbolpolitik, sondern eine funktionierende Regelung: zentrale Kontrollen, digitale Nachweissysteme, realistische Anforderungen und praktikable Verfahren. Nur so kann Tariftreue glaubwürdig und effektiv umgesetzt werden“, betont Petry.
Der Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz fordert daher eine grundlegende Überarbeitung des Gesetzes mit dem Ziel, die kommunalen Akteure zu entlasten, mittelständische Unternehmen nicht zu benachteiligen und faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.
Pressemeldung des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz vom 23. Juli 2025