Landräte, Oberbürgermeister und Bürgermeister fordern gemeinsam: Kommunale Finanznot muss ein Ende haben!


Es geht um die seit Jahrzehnten anhaltende, beispiellose Finanzmisere vieler Kommunen im Land. Der Anlass der historisch einmaligen Sitzung, zu der sich heute rund 50 Vertreterinnen und Vertreter der drei kommunalen Spitzenverbände – Landkreistag, Städtetag und Gemeinde- und Städtebund – im Landesmuseum in Mainz versammelt haben, ist also äußerst ernst: Immer noch haben 30 % der rheinland-pfälzischen Kommunen einen negativen Finanzierungssaldo in Höhe von rund -273,2 Mio. Euro. Im nur wenige Meter entfernten Abgeordnetengebäude tagt heute Nachmittag der Innenausschuss des Landtages und berät den heftig umstrittenen Gesetzentwurf der Landesregierung zum Landesfinanzausgleichsgesetz in einer Anhörung.

Der Gesetzentwurf regelt die künftige Finanzausstattung der rheinland-pfälzischen Kommunen. Er soll vor allem die Landkreise und kreisfreien Städte von steigenden Sozialausgaben entlasten. Tatsächlich werden aber, anstatt deutlich mehr Landesmittel zur Verfügung zu stellen, nur Finanzmittel zulasten der Kreise und Verbandsgemeinden umgeschichtet. Anders als von den Vorsitzenden der Kommunalen Spitzenverbände, Oberbürgermeister Dr. Bernhard Matheis (Städtetag), Landrat Günther Schartz (Landkreistag) und Bürgermeister Ralph Spiegler (Gemeinde- und Städtebund), gefordert, will das Land 2018 keinen Cent zusätzlich in den kommunalen Topf geben. Und auch 2019 sollen zusätzlich nur 60 Mio. Euro aus einem insgesamt 800 Mio. Euro starken Guthaben der Kommunen im Finanzausgleichstopf freigegeben werden. Eigene Landesmittel, wie von den Spitzenverbänden mit einem Betrag von 300 Mio. Euro gefordert, verweigert die Landesregierung trotz eigener erheblicher Finanzüberschüsse vehement und baut lieber eigene Schulden ab, anstatt seinen Kommunen vor Ort zu helfen.

Die Vorsitzenden der Verbände sind sich einig: „Auch wenn die geplanten Neuregelungen ein Schritt in die richtige Richtung sind, so ist das Vorhaben der Landesregierung unterm Strich allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein! Die rheinland-pfälzischen Kommunen brauchen insgesamt spürbar mehr Geld vom Land! Das hat bereits im Jahr 2012 der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof der Landesregierung ins Stammbuch geschrieben. Nicht zuletzt angesichts der hervorragenden Wirtschaftsdaten und Steuereinnahmen muss die strukturelle Entlastung jetzt kommen!“

Erst kürzlich hat auch die unabhängige Bertelsmann Stiftung festgestellt: Die Finanzlage der rheinland-pfälzischen Kommunen ist trotz allgemein guter Konjunkturlage verheerend. Zwar würden auch die Kommunen an sich von den wachsenden Steuermehreinnahmen profitieren. Allerdings übersteigen die Ausgaben, vor allem im Sozialbereich, die Steuermehreinnahmen massiv, und das schon seit Jahren. Zudem gibt es laut der Untersuchung der Bertelsmann Stiftung eindeutige Hinweise darauf, dass das Land Rheinland-Pfalz den Kommunen ungewöhnlich wenig Geld gebe. Die aktuellen Daten des Statistischen Landesamtes lassen den Rückschluss zu, dass das Land die Schulden auf Kosten der Kommunen abbaut. Dass sich nunmehr der Präsident des Landesrechnungshofs in einem Schreiben an das Finanzministerium gewandt und dargelegt hat, dass sich die finanzielle Situation der rheinland-pfälzischen Kommunen trotz des positiven Ergebnisses im Jahr 2017 dauerhaft nicht verbessert und das Land effektiv den Kommunalen Finanzausgleich bislang lediglich um 50 Mio. Euro aufgestockt hat, zeigt den Ernst der Lage.

Diese chronische Unterfinanzierung hat zu dem immensen Schuldenberg geführt, den die Kommunen nun vor sich herschieben: Allein die Kassenkredite der rheinland-pfälzischen Kommunen haben sich auf insgesamt 6,7 Mrd. Euro erhöht! Das bedeutet nach den Angaben des Bundesfinanzministeriums zu den Eckdaten zur Entwicklung der Kommunalfinanzen im Jahr 2016, bei einer durchschnittlichen Pro-Kopf-Verschuldung der Alten Länder in Höhe von 729 Euro, liegt die Pro-Kopf-Verschuldung der Kommunen in Rheinland-Pfalz bei 1.866 Euro – nach dem Saarland mit 2.185 Euro Pro-Kopf-Verschuldung Platz 2. Laut der Bertelsmann Stiftung liegen aktuell sieben von zehn der deutschlandweit am höchsten verschuldeten Kommunen in Rheinland-Pfalz. In den letzten Jahren waren fünf rheinland-pfälzische Kommunen in den bundesweiten Top-Ten vertreten.

Die Finanznot der Kommunen spüren die Bürgerinnen und Bürger vor Ort. An allen Ecken und Enden fehlt Geld für dringend notwendige Investitionen: In Schulen und damit in die Zukunft unserer Kinder, in den Straßenbau und die Instandsetzung von Brückenbauwerken oder in den schnellstens erforderlichen flächendeckenden Breitbandausbau.

Und schon kommen mit den konnexitätsrelevanten Kosten für die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen (Umsetzung Bundesteilhabegesetz) wieder neue finanzielle Belastungen auf die Kommunen zu, die in Millionenhöhe wieder einseitig auf die Kommunen abgewälzt werden.

Landkreise, Städte und Gemeinden fordern daher gemeinsam vom Land seine Kommunen finanziell – anders als bisher – wirklich strukturell spürbar besser sowie aufgabenangemessen auszustatten und ein wirksames und nachhaltiges Entschuldungsprogramm aufzulegen, anstatt die Schuldenproblematik in unverantwortlicher Weise u.a. mit Zinssicherungen, durch die noch kein Cent Schulden abgebaut wird, auf künftige Generationen zu verlagern.

Die Handlungsfähigkeit und das Ansehen der hochmotivierten, engagierten und im Ehrenamt vorbildlichen rheinland-pfälzischen Kreise, Städte und Gemeinden darf nicht länger von der verheerenden Finanz- und Verschuldungssituation massiv beschnitten werden! Das haben die Bürgerinnen und Bürger in den Kommunen unseres Landes nicht verdient.


Pressemeldung des Gemeinde- und Städtebundes RP vom 09. August 2018