Kindertagesbetreuung: Rien ne va plus - nichts geht mehr?


Entscheidend ist allerdings, neben einer umsetzbaren rechtlichen Grundlage auch ausreichend qualifiziertes Personal zu gewinnen und die Finanzierung des Systems nachhaltig zu sichern. Dabei besteht deutlicher Nachholbedarf für die Landespolitik. Bereits ein halbes Jahr nach Inktafttreten des neuen Kita-Gesetzes wird deutlich, dass sich unsere im Gesetzgebungsverfahren vorgebrachten Bedenken in der Praxis leider bewahrheiten. Das Gesetz verfehlt den Anspruch, die Qualität der Kindertagesbetreuung zu verbessern.

Der ohnehin im Kita-Bereich vorherrschende Fachkräftemangel hat sich nunmehr weiter verschärft. 1.400 Stellen wurden durch das Gesetz geschaffen. Rein rechnerisch stehen nach dem neuen Gesetz jeder der ca. 2.500 Kitas etwas mehr als eine halbe Stelle zusätzlich zu. Gleichzeitig ist das gewünschte Personal auf dem Arbeitsmarkt aktuell schlichtweg nicht vorhanden. Zahlreiche Stellen bleiben also unbesetzt.

Auch die Rahmenvereinbarung zwischen den Kommunen und den freien Trägern über Planung, Betrieb und Finanzierung von Tageseinrichtungen und die angemessene Eigenleistung der Träger konnte nach wie vor nicht abgeschlossen werden. Die Verhandlungen sind ins Stocken geraten, weil beide Seiten mit der gleichen Ausgangslage zu kämpfen haben: Es fehlt das Geld. Das Land hat seinen Anteil an der Finanzierung des Personals begrenzt, der Rest ist Verhandlungssache der Träger.

Die vom Land geschürte Hoffnung der freien Träger auf eine erhebliche finanzielle Verbesserung bei der Finanzierung der Kindertagesstätten kann die kommunale Familie nicht leisten. Ebenfalls ist die teilweise geforderte Erstattung der sog. Overheadkosten der freien Träger jenseits der finanziellen Möglichkeiten der Kommunen in Rheinland-Pfalz. Aufgrund der Neuregelung des KiTaG mit den damit verbundenen Mehrkosten im eigenen Bereich sowie den Forderungen der freien Träger nach einer erheblichen Besserstellung wäre ein mittlerer dreistelliger Millionen-Euro-Betrag erforderlich. Diese Standards müssen nach dem Konnexitätsgedanken vom Land getragen und nicht kostenverantwortend auf die Kommunen übertragen werden.

Nach den Feststellungen des Landes ist es rechtlich ohne Konsequenz, wenn keine Rahmenvereinbarung abgeschlossen wird. Diese soll ohnehin lediglich die Arbeit vor Ort erleichtern und ersetzt keinesfalls die vor Ort dennoch zu schließende Einzelvereinbarung mit jedem Träger. Denn es kommt nach den Aussagen des Landes immer auf die individuellen Bedürfnisse jeder einzelnen Einrichtung an, es ist jeweils der Einzelfall zu betrachten.

Für eine schnelle Lösung des Problems ist der Verursacher, das Land, akut gefordert. Das bedeutet klare, umsetzbare Regelungen und ein verbesserter finanzieller Beitrag.


GStB-Kommentar aus Gemeinde und Stadt 1/2022

Dr. Karl-Heinz Frieden
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes