Zukunft nur mit starken Kommunen


Ganz im Zeichen der Herausforderung stand die 74. Mitgliederversammlung des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz am 8. November in Ingelheim. „Deutschland und damit auch unser Bundesland Rheinland-Pfalz stehen vor riesigen Herausforderungen. Die Folgen des Klimawandels sind vielfältig und deutlich spürbar. Die Situation wird immer dramatischer“, eröffnete der Vorsitzende des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz, Bürgermeister Ralph Spiegler, die Veranstaltung.



Klimaschutz beginnt in der Kommune

Spiegler betonte dabei die besondere Rolle der kommunalen Verwaltung: „Die Städte und Gemeinden haben eine Schlüsselfunktion, wenn wir vorankommen wollen. Es sind unsere Kommunen, in denen der schnellere Zuwachs der regenerativen Energie, von Windkraft und Solaranlagen, organisiert und die Bürgerinnen und Bürger mitgenommen werden müssen. Das ist einfach gesagt, aber in der Praxis schwierig. Viele Menschen sind für mehr Klimaschutz, aber wenn die Windenergieanlage in ihrer Nähe steht, sind sie eher dagegen. Deshalb müssen wir jetzt dringend zusammen mit dem Land einen kommunalen Klimapakt verabschieden. Dazu gehören die stärkere Berücksichtigung von Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsmaßnahmen im Baurecht, die Erleichterung von einer klimafreundlichen Beschaffung für Kommunen, die Unterstützung bei der Entwicklung und Umsetzung ggf. neuer Geschäftsmodelle für Projekte in einzelnen Fokusbereichen wie z.B. der Wasserstofftechnologie, aber letztlich auch eine Kommunikationsstrategie, um die Klimaschutzbeschleunigung in diesem Bereich ernsthaft voranzubringen. Alle müssen wissen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energie nur dann erfolgreich sein wird, wenn die sozialen Belange und die Auswirkungen auf Wirtschaft und Arbeitsplätze in einer Gesamtbetrachtung gewichtet werden und er maßgeblich zur regionalen Wertschöpfung beiträgt“, sagte Spiegler.

Finanzreform dringend notwendig

Spiegler betonte zudem die Bedeutung des Katastrophenschutzes: „Auch die Ertüchtigung des zivilen Bevölkerungsschutzes müssen wir im Land vorantreiben. Die Risiken großer Gefahrenlagen nehmen zu. Das hat die Flutkatastrophe im Ahrtal
drastisch gezeigt. Land und Kommunen müssen gemeinsam mit dem Bund Risikoanalysen für wahrscheinliche Szenarien entwickeln. Wir brauchen neue Formen der Zusammenarbeit (Verfahren, Krisenstäbe, gemeinsame Kompetenzzentren) und müssen Eigenvorsorge organisieren. Dazu gehört unverzichtbar, dass unsere Feuerwehren als zentrales Rückgrat des Bevölkerungsschutzes weiter ertüchtig werden.“

Diese wichtigen Schritte bedürfen aber auch einer entsprechenden Finanzierung – für den Vorsitzenden des Gemeinde- und Städtebundes eine alte wie neue Herausforderung: „Deswegen muss jetzt dringend eine Lösung der Altschuldenfrage
her und vor allem muss die Reform des kommunalen Finanzsystems in Rheinland-Pfalz, des sogenannten Kommunalen Finanzausgleichs, vorangetrieben und im Sinne aller Kommunen umgesetzt werden“
, sagte Spiegler abschließend und erntete den Applaus der anwesenden Mitglieder.

Es folgten Grußworte von Dr. Christiane Döll, Beigeordnete der Stadt Ingelheim, und Matthias Lammert, Vizepräsident des Landtags Rheinland-Pfalz. Beide hoben die Bedeutung der kommunalen Strukturen hervor, wenn es um die Bewältigung
gesellschaftlicher Herausforderungen geht. Dem pflichtete Staatssekretär Randolf Stich bei, der in Vertretung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer anwesend war. In seiner Rede forderte er eine zügige Digitalisierung der Verwaltung und mehr Ausbildung von Nachwuchskräften.

Blick nach Berlin

Dr. Gerd Landsberg, geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, nahm dann die Bundespolitik ins Visier. Die laufenden Koalitionsverhandlungen verfolgte Landsberg kritisch – 22 Arbeitsgemeinschaften
mit rund 300 Verhandelnden ließen bei ihm ein ungutes Gefühl aufkommen, dass es mit der Entschlussfreudigkeit rasch seine Grenzen haben werde. Auch wenn anderes behauptet würde: „Geld ist keines da!“ Und anstatt die Kommunen zu stärken und deren Kompetenzen im Krisenmanagement hervorzuheben, pflegten viel zu viele Bundespolitiker – auch abseits der Koalitionsverhandlungen – eine weltfremde Sicht auf die Dinge. Nicht zuletzt beim derzeitigen Top-Thema: „Klima-Rettung gelingt nur international“, richtete Landsberg seinen Appell an die Politik und warnte vor teuren und wirkungslosen nationalen Alleingängen.

Bürgermeister Steffen Antweiler zum zweiten stellvertretenden Vorsitzenden des Gemeinde- und Städtebundes gewählt

Bürgermeister Steffen Antweiler wurde zum zweiten stellvertretenden Vorsitzenden des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz gewählt. Copy: Ina Tokarski

Die Mitgliederversammlung des Gemeinde- und Städtebundes hat am 8. November 2021 mit überwältigender Mehrheit Bürgermeister Steffen Antweiler zum zweiten stellvertretenden Vorsitzenden des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz (GStB) gewählt. Antweiler ist seit dem 01.10.2015 Bürgermeister der Verbandsgemeinde Göllheim und führt ehrenamtlich seit dem Jahr 2009 das Amt des Ortsbürgermeisters seiner Heimatgemeinde Rüssingen im Donnersbergkreis. Der gelernte Verwaltungsfachwirt ist seit 2004 kommunalpolitisch aktiv. Beim GStB ist er bereits in verschiedenen Gremien (Landesausschuss, Finanzausschuss, Ausschuss für Personal und Organisation, Aussschuss für Verfassung, Verwaltung und Europa) vertreten.

Anlässlich seiner Wahl sagte Bürgermeister Steffen Antweiler: „Ich freue mich über das große Vertrauen, das diese Wahl für mich ausdrückt, habe aber auch Respekt vor den damit verbundenen Herausforderungen. Der Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz ist die Stimme von 2418 Gemeinden und Städten im Land. Im Spannungsfeld zwischen wünschenswerten Standards und den damit verbunden Finanzierungskosten müssen wir für unsere Mitglieder immer wieder den Finger in die Wunde legen und beim Land auf Nachbesserungen z. B. bei der Umsetzung des Kita-Zukunftsgesetzes und natürlich der kommunalen Finanzsituation drängen. Auch mit der Ausgestaltung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder und dem Klimaschutz kommen große Herausforderungen auf uns zu. Die Belange sowohl der ehrenamtlich geführten Gemeinden und Städte als auch die der Verbandsgemeinden, verbandsfreien Gemeinden und Städte sowie der großen kreisangehörigen Städte gegenüber dem Land deutlich zu machen und durchzusetzen ist eine wichtige und nicht immer einfache Aufgabe, die ich gerne übernehme.“

Antweiler folgt auf Bürgermeister a. D. Axel Haas, Verbandsgemeinde Kirchheim-Bolanden, der zum 31. Oktober 2021 nach 50 Jahren im öffentlichen Dienst in den Ruhestand getreten ist. „Axel Haas hat die Arbeit des GStB seit 2009 als stellvertretender Vorsitzender maßgeblich mit gestaltet. Sein Engagement wissen wir sehr zu schätzen“, dankte Bürgermeister Ralph Spiegler, Vorsitzender des GStB seinem scheidenden Amtskollegen im Namen des gesamten Verbandes.

Gruppenbild mit Vorgänger und Nachfolger (von links nach rechts): Steffen Antweiler, Dr. Karl-Heinz Frieden, Aloysius Söhngen, Claudia Haas, Ralph Spiegler, Axel Haas, Randolf Stich (Staatssekretär im Ministerium des Innern und für Sport) und Dr. Gerd Landsberg (geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebundes). Copy: Ina Tokarski