BlitzReport SONDERINFO: Kommunalfinanzen 2010

BlitzReport SONDERINFO: Kommunalfinanzen 2010 © GStB

Steuerschätzung November 2009
Der Steuerschätzung wurden die gesamtwirtschaftlichen Eckwerte der Herbstprojektion der Bundesregierung zugrunde gelegt. Danach werden für die Jahre 2009 und 2010 Veränderungsraten des nominalen Bruttoinlandsprodukts von -3,9 % bzw. +1,6 % erwartet. Damit wurden die Wachstumserwartungen gegenüber der Steuerschätzung vom Mai 2009 um +1,4 bzw. +0,4 Prozentpunkte nach oben korrigiert.
Optimistischer als noch im Mai 2009 angenommen beurteilen die Steuerschätzer vor allem die Steigerung der Unternehmens- und Vermögenseinkommen; die Prognose dieser Einzelaggregate wurde für das Jahr 2009 deutlich und für das Jahr 2010 leicht nach oben korrigiert.
Gegenüber der Steuerschätzung vom Mai 2009 werden die Steuereinnahmen im Jahr 2009 voraussichtlich um -3,0 Mrd. € niedriger ausfallen. Bedingt ist dies auch durch Steuerrechtsänderungen mit Wirkung für 2009, die erst nach der Mai-Steuerschätzung beschlossen wurden.
Während der Bund aufgrund voraussichtlich deutlich niedrigerer EU-Abführungen rund +1,5 Mrd. € an zusätzlichen Einnahmen im Jahr 2009 erwarten kann, müssen die Länder mit -2,0 Mrd. € und die Gemeinden mit -1,0 Mrd. € weniger an Steuereinnahmen rechnen. Dies bedeutet für die Gemeinden in Rheinland-Pfalz Steuerrückgänge in Höhe von 50 Mio. €.
Die Steuerschätzer erwarten im Jahr 2010 für Bund, Länder, Gemeinden und EU ein um +1,1 Mrd. höheres Steueraufkommen als noch im Mai 2009 prognostiziert. Einem wiederum leichten Zuwachs von +1,0 Mrd. € beim Bund stehen konstante Einnahmen bei den Ländern und Mindereinnahmen bei den Gemeinden von -1,1 Mrd. € gegenüber. Dies bedeutet für die Gemeinden in Rheinland-Pfalz Steuermindereinnahmen im Jahr 2010 in Höhe von weiteren 55 Mio. €.
Die geschätzten originären Steuereinnahmen der rheinland-pfälzischen Gemeinden und Städte in 2009 und 2010 gehen gegenüber den Ergebnissen der Mai-Steuerschätzung drastisch zurück. Im Jahre 2009 wird ein Rückgang von 10,5 v.H. erwartet. Allein die Gewerbesteuer geht um 18 v.H. zurück. In 2010 ergeben sich weitere Steuermindereinnahmen in Höhe von insgesamt 4,4 v.H., davon bei der Gewerbesteuer in Höhe von 4,2 v.H.





BR SIKF 1/10 HB/967-00



Wirtschaftskrise führt zu weiterer Anspannung der kommunalen Kassen - Gewerbesteuer und Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer sinken
Die Wirtschaftskrise machte den rheinland-pfälzischen Kommunen im dritten Quartal 2009 weiter ernsthaft zu schaffen und riss tiefe Löcher in die öffentlichen Kassen. Die kommunalen Steuereinnahmen sind im dritten Quartal 2009 sogar stärker zurückgegangen als im ersten Halbjahr. Insgesamt ergab sich damit in den ersten drei Quartalen 2009 gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Rückgang um rund 18 % oder 435 Mio. €.
Die für die Kommunen bedeutenden Gewerbesteuereinnahmen fielen im dritten Quartal 2009 gegenüber dem Vorjahresquartal mit mehr als 33 % besonders drastisch. In den ersten drei Quartalen 2009 zusammen verminderten sie sich damit um rund 21 Prozent auf 961 Mio. €. Auch der wichtige Gemeindeanteil an der Einkommensteuer schrumpfte im dritten Quartal. In den ersten drei Quartalen 2009 zusammen war ein Rückgang von 21 Prozent auf nunmehr 620 Mio. € zu verzeichnen.





BR SIKF 2/10 HB/967-00: Daten



Finanzlage der kommunalen Gebietskörperschaften zwingt zum Umsteuern – Liquiditätskredite „galoppieren“ davon
Obwohl das Jahr 2007 den deutschen Kommunen mit 8,2 Mrd. € bzw. 107 € je Einwohner den höchsten Jahresüberschuss seit Gründung der Bundesrepublik bescherte, konnten die meisten Kommunen in Rheinland-Pfalz von dieser positiven Entwicklung nicht profitieren. Im Bundesvergleich schlossen einzig die rheinland-pfälzischen und saarländischen Kommunen ihre Haushalte 2007 mit Fehlbeträgen ab; in 2008 schaffte es Rheinland-Pfalz als einziges Land nicht aus den roten Zahlen. Damit verzeichnen die rheinland-pfälzischen Kommunen schon seit 20 Jahren negative Finanzierungssalden. 1996: 136 Mio. €, 1999: 65 Mio./15 €/Einwohner (Ew); 2001: 450 Mio. €/128 €/Ew; 2008: 253 Mio. €/63 €/Ew).
Die Liquiditätskredite (Überziehungskredite) übertreffen den Länderdurchschnitt um mehr als das Doppelte und liegen in der Gesamtsumme bei nahezu 4,5 Mrd. € (2002 = 1,4 Mrd. €). Je Einwohner sind das über 1.000 €/2008: 911 €. Die Liquiditätskredite im Bundesdurchschnitt haben 2008 392 €/Ew betragen. Nur im Saarland ist eine höher Belastung je Einwohner zu verzeichnen. Seit dem Jahr 2000 sind die Liquiditätskredite um 374,45 % gestiegen! Hierfür müssen Zinsen gezahlt werden. Diese Situation ist der Sprengsatz für die kommunale Selbstverwaltung!





BR SIKF 3/10 HB/967-00: Daten, 004-02:Parag. 105



Finanzprobleme spitzen sich in 2010 dramatisch zu

Die aktuelle Prognose der kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene zur Finanzlage der Städte, Landkreise und Gemeinden in den Jahren 2009 und 2010 zeigt:

  • Rekorddefizit von 12 Mrd. € (30 % über dem Defizit von 8,4 Mrd. € in der bisher schwersten kommunalen Finanzkrise im Jahr 2003). Auch in den Jahren 2011 bis 2013 werden zweistellige Milliardendefizite erwartet.
  • Die kurzfristigen Kassenkredite der Kommunen betragen inzwischen 33,8 Mrd. €.
  • Bund, Länder und Kommunen hatten 2009 erhebliche Steuerverluste. Den stärksten Einbruch ihrer Steuereinnahmen – um gut 10 Prozent – mussten die Kommunen hinnehmen. Das Minus betrug 7,1 Mrd. €. Besonders stark stürzten dabei die Gewerbesteuereinnahmen ab, durchschnittlich um 17,4 %, zum Teil um mehr als 40 Prozent.
  • Die Sozialausgaben der Kommunen stiegen 2009 erstmals auf rund 40 Mrd. € – beinahe doppelt so viel wie kurz nach der Wiedervereinigung. 2010 wird ein weiterer Anstieg um fast 2 Mrd. € erwartet.







BR SIKF 4/10 HB/967-00: Daten



Kluft zwischen armen und „reichen“ Kommunen wird größer
Kommunale Einnahmen und kommunale Ausgaben entwickeln sich auseinander und die Schere zwischen wirtschaftsstarken und –schwachen Kommunen öffnet sich immer weiter. Selbst in den für die öffentliche Hand insgesamt erfreulichen Jahren 2007 und 2008, in denen die kommunale Ebene Überschüsse von 7,6 Mrd. € und 8,6 Mrd. € verzeichnen konnte, hat sich gerade die Finanzsituation vieler wirtschaftsschwacher Kommunen kaum verändert. Insbesondere die Ausgaben der Kommunen für Sozialleistungen haben eine Dynamik entwickelt, die die Handlungsfähigkeit der Gemeinden, Städte und Kreise in Frage stellt. Es muss das Ziel der von der Bundesregierung eingesetzten Gemeindefinanzkommission sein, diese strukturellen Mängel und die Unterfinanzierung der kommunalen Ebene zu beseitigen. Der nötige Finanzspielraum für freiwillige kommunale Aufgaben ist zu schaffen.





BR SIKF 5/10 HB/967-00: KommGFin10



Ausgaben für soziale Leistungen übersteigen Ausgaben für Investitionen deutlich
Zentrales Problem der kommunalen Finanzsituation ist die Entwicklung der Ausgaben für soziale Leistungen. Diese sind von rd. 26 Mrd. € in 1999 auf knapp 40 Mrd. € oder 54 % in 2009 gestiegen. Bund, Länder und Kommunen gehen einvernehmlich davon aus, dass bis 2013 ein weiterer Anstieg um 13 % auf gut 45 Mrd. € zu erwarten ist. Einzelne Ausgabenbereiche weisen eine bedrohliche Dynamik auf: So sind die Ausgaben der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen in den vergangenen Jahren um rd. 5 % pro Jahr angestiegen, die Ausgaben der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit haben sich seit der Einführung im Jahr 2004 verdreifacht. Es muss ein Arbeitsschwerpunkt der Gemeindefinanzkommission werden, die Sozialausgaben zu analysieren und insbesondere festzustellen, wie hier die kommunalen Aufgabenträger entlastet werden können. Dass die Struktur der kommunalen Ausgaben zunehmend auch zu einem volkswirtschaftlichen Problem geworden ist, verdeutlicht das Verhältnis zwischen den Ausgaben für soziale Leistungen und denen für Investitionen. Die Kommunen investieren derzeit pro Jahr nur etwa 60 % dessen, was sie für soziale Leistungen aufwenden müssen. Die Folgen dieser nicht bedarfsgerechten Investitionsfähigkeit sind zunehmend sichtbar und haben ein bedrohliches Ausmaß angenommen.





BR SIKF 6/10 HB/967-00: KommGFin10



Bund und Land müssen die Gemeinden aus der Vergeblichkeitsfalle retten
Die Gemeinden befinden sich in einer „Vergeblichkeitsfalle“ und können sich nicht mehr aus eigener Kraft aus ihrer prekären Finanzsituation retten. Sie befinden sich in einer Spirale von steigenden sozialen Kosten und sinkenden Steuereinnahmen. Im interkommunalen Wettbewerb sind sie chancenlos, da sie nicht in ihre Infrastruktur investieren können. Sie benötigen – jenseits der bestehenden strukturpolitischen Programme – spezielle Finanzhilfen: seitens des Landes und seitens des Bundes. Eine Altschuldenhilfe nicht nur für besonders finanzschwache Bundesländer, sondern auch für notleidende Kommunen ist zu prüfen.





BR SIKF 7/10 HB/967-00: KommGFin10



Eingriffe in den kommunalen Finanzausgleich verursachen Finanzdesater
1992 – 1995
In den Jahren 1992 bis 1995 war der Verbundsatz von 20,25 auf 19,75 v.H. abgesenkt worden; dies wurde erst für das Jahr 1996 rückgängig gemacht. Dies führte in dem genannten Zeitraum zu Mindereinnahmen von ca. 133,55 Mio. €. Außerdem wurden die kommunalen Gebietskörperschaften über ihren Beitrag zur Deutschen Einheit zusätzlich mit 239,28 Mio. € belastet. Auch dieser unberechtigte Eingriff wurde ab dem Jahr 1996 eingestellt.
1997
Der Finanzausgleich des Jahres 1997 wurde dadurch belastet, dass zusätzlich zu den Steuermindereinnahmen auch Negativabrechnungen in Höhe von rund 30 Mio. € konzentriert vorgenommen wurden.
1998 – 1999
Mit dem Doppelhaushalt 1998 und 1999 wurde dauerhaft die Befrachtung des Finanzausgleichs mit den bisher aus Landesmitteln gezahlten Personalkostenerstattungen für Kindertagesstätten (diese Belastungen entwickeln sich dynamisch nach oben!) vorgenommen. Im Gegenzug wurden zwar die Schulbaumittel aus dem Finanzausgleich herausgelöst (2 Jahre später aber wieder eingefügt). Per Saldo ergab sich dadurch eine (dauerhafte) Befrachtung von rd. 35,79 Mio. €. Zugleich wurde im Doppelhaushalt 1998 und 1999 die Erstattung nach dem Landesaufnahmegesetz um 11 % reduziert.
2000 - 2001
Im Doppelhaushalt 2000 und 2001 wurden die zwei Jahre zuvor herausgenommenen Schulbaumittel wieder eingestellt (Befrachtung 2001: 49,08 Mio. €; 2001 51,13 Mio. €). Daneben wurden auch die Musikschulmittel in den Finanzausgleich eingestellt und Mittel für die Krankenhäuser in Höhe von 5,11 Mio. € 2000 und 15,34 Mio. € 2001 in den Finanzausgleich gebracht. Die Mehrbelastungen summierten sich daher in 2000 auf rd. 56,24 Mio. € und in 2001 auf rd. 69,02 Mio. € (dauerhaft).
2002 – 2003
Die Grunderwerbsteuer ist ab dem Jahr 2002 verstaatlicht. Diese Entscheidung der Landespolitik und weitere Befrachtungen ergeben jährliche Zusatzopfer zulasten der Kommunen in Höhe von 70 Mio. € (dauerhaft).
Zusammenfassung
Zusammengenommen sind dies Einmalbelastungen in Höhe von rund 373 Mio. € aus den Jahren 1992 bis 1995 sowie ab 1998 dauerhafte Belastungen in einer Größenordnung von etwa 340 Mio. € und Jahr. Daraus ergeben sich nach eigenen Berechnungen Verkürzungen der den Kommunen zustehenden Einnahmen aus den Gemeinschafts- und Landessteuern in Höhe von etwa 3,8 Mrd. €.





BR SIKF 8/10 HB/967-00: Daten



Weitere Eingriffe in die Kommunalfinanzen durch die Bundesgesetzgebung
Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände hat deutlich gemacht, dass die von der Bundesregierung angestrebte Flexibilisierung von Standards nicht die quantitative Bedeutung der Sozialausgaben hat, aber Entlastungsmöglichkeiten biete. Diese notwendige Maßnahme zur Entlastung der Haushalte sollte vor allem im Sinne einer Verwaltungsmodernisierung aufgegriffen werden. Die einzelnen Bundesressorts sollten nicht nur eingebunden, sondern auch verpflichtet werden, Vorschläge zur nachhaltigen Flexibilisierung von Standards vorzulegen und in die Kommissionsarbeiten einzubringen. Auch das Land ist gefordert und steht den Kommunen im Wort. Die Vertreter der Landesregierung haben am 18.11.2002 der kommunalen Seite in der Finanzausgleichskommission die Zusage gegeben, „dass die aus bestehenden und neuen Leistungen sich ergebenden dynamischen Belastungen begrenzt bzw. zurückgeführt werden müssen (Aufgabenkritik, Abbau von Normen, Vorgaben und Standards)“. Es ist an der Zeit, dieses Versprechen einzulösen!





BR SIKF 10/10 HB/967-00:KommGFin10