Neue Regierung – große Herausforderungen – Bericht des Vorsitzenden Dezember 2021


Erfreulicherweise haben sich Bund und Länder nunmehr über die Parteigrenzen hinweg auf ein gemeinsames Vorgehen verständigt. Booster-Impfungen mit hohem Tempo voranzubringen, ist genauso richtig wie die Einführung einer berufsbezogenen Impfpflicht zum Schutze besonders vulnerabler Gruppen. Bereits jetzt aber brauchen wir Vereinbarungen über Organisation, Finanzierung und Durchführung möglicher vierter Impfungen im kommenden Frühjahr.

Kommunalfinanzen im Fokus von Bund und Land

Die Finanzlage der Kommunen in Rheinland-Pfalz, aber auch ganz Deutschland ist unzureichend. Die Koalitionsparteien haben vereinbart, dass der Bund gemeinsam mit den Ländern das Problem der kommunalen Altschulden löst -  ein wichtiges Signal gerade auch für die Kommunen in Rheinland-Pfalz, die zudem auf eine sachgerechte und ausreichende Neuaufstellung des Kommunalen Finanzausgleichs hoffen.

Gerade eben erreicht uns die überaus erfreuliche Nachricht, dass das Land Rheinland-Pfalz die Problematik der Liquiditätskredite in Angriff nehmen will und damit die Voraussetzungen für eine Unterstützung durch den Bund schaffen will. Selbstverständlich freut uns dieser Schritt, greift er doch eine langjährige Forderung des GStB auf und gibt den betroffenen Gemeinden Hoffnung. Und die von der Landesregierung angestrebte verfassungsrechtliche Absicherung dieses Verfahrens ist ebenfalls sachgerecht. Ein Hinweis sei gestattet: Bitte daran denken, dass durch das System der Einheitskasse auf Ebene der Verbandsgemeinden Liquiditätskredite einer ganzen Reihe von Gemeinden nicht gegenüber Banken, sondern gegenüber dieser Einheitskasse bestehen. Es bleiben dennoch Liquiditätskredite und müssen natürlich ebenfalls von der angestrebten Regelung erfasst werden. Das System der Einheitskasse ändert ja nichts an der Finanzsituation der einzelnen Gemeinde.

Klimaschutz und Klimawandelanpassung als zentrale Aufgaben

Klimaschutz und Klimawandelanpassung hat der Koalitionsvertrag zurecht ins Zentrum der neuen Politik gestellt. Hier ist beherztes Handeln geboten. Die Städte und Gemeinden befinden sich dabei in einer Schlüsselfunktion. Der notwendige schnelle Zuwachs der regenerativen Energie (Windkraft und Solaranlagen) wird nur gelingen, wenn wir es schaffen, die Menschen vor Ort zu überzeugen und mitzunehmen. Das muss eine zentrale Rolle in der Politik der neuen Regierung spielen.

Digitalisierung und Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung bleiben auf der Agenda

Positiv ist die Ankündigung, die dringend notwendige Finanzierung des Onlinezugangsgesetzes über das Jahr 2022 sicherzustellen. So begrüßenswert das weitere Vorhaben ist, die Potentiale zur Digitalisierung des Verwaltungshandelns weiter auszuschöpfen, wird es jedoch maßgeblich darauf ankommen, dass die Kommunen von Beginn an in die Umsetzung einbezogen werden, um bestmögliche Lösungen zu erzielen.

In Sachen Rechtsanspruch für Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder sagt der Bund zu, sich dauerhaft an der Finanzierung zu beteiligen. Das Gute-Kita-Gesetz soll in ein Qualitätsentwicklungsgesetz weiterentwickelt werden und eine Fachkräfteoffensive gestartet werden. Länder und Kommunen sollen dauerhaft bei der Digitalisierung des Bildungswesens unterstützt (Digitalpakt 2.0) werden.

Auch das Bekenntnis zur Förderung gleichwertiger Lebensverhältnisse über eine Erweiterung der Förderkulisse, die Erhöhung der Regionalisierungsmittel für den ÖPNV und der Bundesstädtebauförderung sowie die Stärkung des öffentlichen Wohnungsbaus sind wichtige Ziele. Bei all diesen Vorhaben wird es jedoch auf eine nachhaltige Finanzierung ankommen.

Programme und Mittel müssen auch vor Ort ankommen

Die beste Förderung nützt nichts, wenn sie im Förderdschungel stecken bleibt und nicht abgerufen werden kann. Daher begrüßen wir, dass eine neue Förderstruktur die Übersichtlichkeit und damit auch die Umsetzbarkeit erleichtern soll. Zur Verbesserung und Beschleunigung der kommunalen Investitionstätigkeit wurde vereinbart, dass die personellen und technischen Kapazitäten bei Behörden und Gerichten erhöht werden sowie ein Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung geschlossen werden soll. Nicht abgerufene Fördermittel sollen weiter zweckgebunden (überjährig) zur Verfügung stehen, was ausdrücklich unserer Forderung nach langfristiger Förderung der Kommunen entspricht. Ein gutes Signal ist auch, dass bei finanzschwachen Kommunen die Eigenanteile reduziert oder durch andere Leistungen ersetzt werden können.

Austausch, statt politischer Katzentisch für die Kommunen

Wir hoffen, dass die Ampelkoalition das bisher gezeigte gegenseitige Vertrauen auch in der konkreten Regierungsarbeit zu schnellen, vernünftigen und abgestimmten Entscheidungen führt. Zahlreiche Vorhaben lassen sich nur mit den Gemeinden und Städten realisieren. Seitens der kommunalen Spitzenverbände stehen wir auch für die neue Regierung für Gespräche bereit. Wer die Städte und Gemeinden an den politischen Katzentisch verweist, wird scheitern.

Bleiben Sie gesund.
Ihr Ralph Spiegler


GStB-Bericht aus Gemeinde und Stadt 12/2021