Bericht des Vorsitzenden August 2022


Die Kommunen haben hier eine Vorbildrolle. Sie gehören zu den größten Immobilienbesitzern und betreiben eine Vielzahl besonders energieintensiver Einrichtungen, wie Schwimmbäder, Sporthallen, Verwaltungsgebäude, Kindergärten und Schulen. Viele erste Schritte werden bereits eingeleitet, wie die Absenkung der Temperaturen in Schwimmbädern und Verwaltungsgebäuden oder den Verzicht auf warmes Wasser in bestimmten Bereichen. Wichtig ist sicher auch der hydraulische Abgleich der Heizungsanlagen. Letztendlich müssen die Konzepte zielgenau auf die örtlichen Gegebenheiten abgestimmt sein. So macht es zum Beispiel keinen Sinn, ein Bad zu schließen, wenn die Erwärmung durch die Abwärme eines Industrieunternehmens, Geothermie oder durch Solaranlagen erfolgt.

Unverzichtbar ist die entsprechende Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern, denn jeder Einzelne kann und muss einen Beitrag leisten. Ein Grad reduzierte Temperatur in den Räumen spart 6 Prozent Energie. 

Illusionen helfen in der gegebenen Situation nicht weiter, es gilt, der Realität Rechnung zu tragen. Der Krieg kann dauern. Auch der übernächste Herbst und Winter kann die Lage nochmals deutlich verschärfen. Deshalb brauchen wir die Solidarität aller und eine deutliche Beschleunigung des Ausbaus der alternativen Energien. Sie sichern uns Unabhängigkeit und Freiheit. 

ÖPNV stärken – einheitliches Ticket dauerhaft einführen

38 Millionen Menschen in Deutschland haben das 9-Euro-Ticket gekauft. Es war ein Image-Booster für Busse und Bahnen. Es hat die Vorteile, aber auch die Schwächen des Systems „ÖPNV/SPNV“ offengelegt. Viele Busse und Bahnen waren oftmals völlig überfüllt. Aber, und das ist aus unserer Sicht ein wesentlicher Aspekt, den Menschen in den ländlichen Räumen mit keinem oder einem sehr ausgedünnten ÖPNV-Angebot nutzte das 9-Euro-Ticket wenig. Aus diesen Erfahrungen gilt es, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Besonders attraktiv war erkennbar nicht nur der niedrige Preis, sondern auch die einfache Handhabung ohne jeden Tarifdschungel. Perspektivisch brauchen wir ein bundesweit gültiges, einheitliches und vergünstigtes Ticket, etwa für 365 € im Jahr, gültig in allen Tarifverbünden. Gleichzeitig müssen Bund und Länder ihre Mittel erhöhen, damit die notwendigen Spielräume entstehen, um mehr Busse und Bahnen fahren zu lassen und das Netz in den ländlichen Räumen leistungsfähig auszubauen.

Leistungsangebote auf dem Prüfstand

Wir alle stehen vor gewaltigen Herausforderungen: der Energiekrise, der Inflation, der Unterbrechung von Lieferketten und vielleicht auch vor einer neuen Corona-Welle. Die Überlagerung dieser Krisensituationen wird das Wachstum in Deutschland reduzieren, möglicherweise zu einer Rezession führen. Die Auswirkungen auf die Steuereinnahmen, auf den Arbeitsmarkt und auf die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Hand werden sehr stark spürbar sein.

Auch hier ist die Politik auf allen Ebenen gefordert, dies den Menschen zu kommunizieren und zu handeln. Wir müssen Wohlstandsverluste für alle akzeptieren, die Solidarität der Starken mit den Schwachen einfordern und deutlich innehalten, wenn es um das längst zur Gewohnheit gewordene Versprechen immer neuer Wohltaten geht. Außerdem, und auch das muss nun endlich angegangen werden, gehören jetzt die Leistungsangebote des Staates auf den Prüfstand, mit der Bereitschaft, den Bestand zu reduzieren. Die Frage der Finanzierbarkeit und der Machbarkeit (z. B. unter dem Aspekt der Verfügbarkeit von Personal) muss bei jedem Standard gestellt werden. Wer jetzt beispielsweise an den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung denkt, ist nicht unbedingt auf dem Holzweg. Wenn wir unstreitig schnell und mehr alternative Energien brauchen, kann es durchaus sinnvoll sein, auf jede noch so ausgefallene, langwierige und kostspielige Naturschutzausgleichsmaßnahme zu verzichten. Für die Flüssiggasterminals hat man richtigerweise ein beschleunigtes Planungs- und Genehmigungsverfahren etabliert. Warum sollte entsprechendes nicht auch für Investitionen der Kommunen in den Klimaschutz gelten können?

Wenn es stimmt, dass eine Krise auch eine Chance sein kann, dann sollten wir diese Chance auch nutzen – gemeinsam, solidarisch und am Machbaren orientiert.

Herzlichst
Ihr Ralph Spiegler


GStB-Bericht aus Gemeinde und Stadt 08/2022