Das Online-Zugangsgesetz – Neuer Schwung beim eGovernment?


Deutschland fällt beim eGovernment immer weiter zurück. Datenschutz, Schriftformerfordernisse und oftmals auch die Denkweise, ein analoger Vorgang müsse schlichtweg eins zu eins ins Netz übertragen werden und schon ist er erfolgreich digitalisiert, erweisen sich zunehmend als Hemmschuh.

EGovernment kann sich langfristig nicht auf einige ausgesuchte Onlinedienste wie die Online-Briefwahlbeantragung reduzieren. Nur wenn wir die IT-Insellösungen hinter uns lassen, kann das Potential in der Verwaltung auch ausgeschöpft und freiwerdende finanzielle und personelle Ressourcen an anderer Stelle eingesetzt werden. Vor allem aber brauchen wir ein attraktives und niedrigschwelliges Angebot, damit Services nicht nur angeboten, sondern auch genutzt werden.

Abhilfe soll aus Sicht von Bund und Ländern nun hier das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (Onlinezugangsgesetz – OZG) schaffen, das am 14.08.17 in Kraft getreten ist. Es verpflichtet Bund und Länder dazu, binnen 5 Jahren, also bis 2022 ein umfassendes Online-Angebot für „alle rechtlich und tatsächlich geeigneten“ Verwaltungsleistungen vorzuhalten und sie über einen Verbund der Verwaltungsportale von Bund und Ländern zugänglich zu machen. Bürger und Unternehmen sollen nach einmaliger Registrierung über Nutzerkonten von jedem Portal aus darauf zugreifen können.

Nach anfänglichen Unstimmigkeiten konnte mittlerweile Einvernehmen erzielt werden, dass die Kommunen nicht unmittelbar aus dem OZG verpflichtet werden, aber die Länder verpflichtet sind, das Gesetz für den kommunalen Bereich für anwendbar zu erklären. Daher bedarf es zunächst noch eines Landesgesetzes, das konkrete Regelungen für die Kommunen trifft und die Finanzierung regelt. Aus unserer Sicht muss hier der Konnexitätsgrundsatz „wer bestellt, bezahlt“ greifen. Die Finanzierungszusage des Bundes in Höhe von 500 Millionen Euro ist ein erster wichtiger Schritt. Nötig ist aber eine auskömmliche Kofinanzierung durch das Land. Eine Kostenschätzung wird derzeit von den Kommunalen Spitzenverbänden erarbeitet.

Das Vorhaben von Bund und Ländern ist ambitioniert, viele Fragen sind noch offen. Zu klären ist, was genau als online-fähiger Dienst definiert wird und was die Verwaltungen somit künftig vorhalten müssen. Naheliegend ist, hier das Rad nicht neu zu erfinden und auf das Angebot von BUS-Rlp aufzubauen. Von den ursprünglichen Zielen der Bereitstellung von interaktiven Prozessen wird nach einer Betrachtung der Realisierbarkeit auf Bundesebene mittlerweile Abstand genommen. Ein Prozess soll auch dann schon als umgesetzt gelten, wenn ein elektronisches Formular die papiergebundene Beantragung ersetze. Ob dieses nun der große Durchbruch auf dem Weg zum digitalen Rathaus sein wird, ist fraglich. Ohne einen Anfang und ein beherztes Vorgehen werden wir hier aber auch nicht vorankommen.

Bereits heute gibt es bei den Online-Services über www.rlp-direkt.de für Bürger und Unternehmen die Möglichkeit, z.B. Anforderungen einer Geburtsurkunde, Voranmeldungen einer Eheschließung, Anträge auf Ausstellung von Führungszeugnissen oder einer Meldebescheinigungen mit dem neuen Personalausweis, oder dem elektronischen Aufenthaltstitel online zu stellen. Für die Verwaltungen bietet dieses den Vorteil, dass bei der Weiterverarbeitung in den Fachverfahren insbesondere im Melde- und Personenstandswesen die Anträge medienbruchfrei mit wenigen Klicks bearbeitet und abgeschlossen und gebührenpflichtige Vorgänge online bezahlt werden können. Diese online-Angebote kosten die Verwaltungen nichts extra, sondern sind bereits im Angebot der KommWis miterfasst.

Auch bei dem geplanten Portalverbund gibt es hierzulande mit dem Servicekonto Rheinland-Pfalz und seinen Nutzerkonten bereits ein Produkt in einigen Gemeinden in Erprobung.

Das OZG zeigt einmal mehr: Wir brauchen eine klare Digitalstrategie, um die Chancen zu nutzen, langfristig Geld zu sparen und im Sinne von Wirtschaft und Bürgern die dringend erforderlichen personellen Kapazitäten effizienter einsetzen zu können. Umso wichtiger ist, dass die Kommunalen Spitzenverbände bei der Erarbeitung der E-Government- und IT-Strategie Rheinland-Pfalz intensiv mit eingebunden werden. Erste Workshops hierzu haben stattgefunden. Dabei darf es jetzt jedoch nicht bleiben. Die Kommunalen Spitzenverbände gehören hier Dauerhaft mit an den Tisch!

Das Rathaus der Zukunft ist nicht allein ein virtuelles Rathaus. Auch in Zukunft werden nicht alle ausschließlich digital mit der Verwaltung kommunizieren wollen. Menschen brauchen weiter sichtbare Anlaufpunkte und Institutionen, die Identität vermitteln. Solche Doppelstrukturen bedeuten zwangsläufig auch doppelte Kosten. Digitalisierung gibt es nicht zum Nulltarif. Ohne finanzielle Unterstützung von Bund und Ländern wird es nicht gehen. An anderer Stelle brauchen wir aber auch den Mut, künftig nicht mehr alle Dienstleistungen sowohl analog als auch digital vorzuhalten. Denkbar und eine echte Entlastung für die Gemeinden und Städte.


GStB-Kommentar aus Gemeinde und Stadt 2/2018

Dr. Karl-Heinz Frieden
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes