GStB-Kommentar

Nach dem Flüchtlingsgipfel ist vor dem nächsten Gipfel


Im Jahre 2022 sind über 44.200 Vertriebene aus der Ukraine nach Rheinland-Pfalz gekommen. Mit einer Rückkehr ist in absehbarer Zeit nicht zu rechnen, da der Angriffskrieg Russlands in immer neuen Wellen vorangetrieben wird. Zusätzlich sind über 11.500 Asylbegehrende und über 1.300 Kontigentflüchtlinge bzw. Spätaussiedler (rund 270) in Rheinland-Pfalz aufgenommen worden. Das verheerende Erdbeben in der Türkei und Syrien kann zumindest mittelfristig zu einem weiteren Anstieg der Zahlen führen. Die Höhe der Zahlen zeigt überdeutlich, dass auch das Land zusätzliche Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen schaffen sollte. Die dezentralen Unterbringungsmöglichkeiten der Kommunen sind weitgehend erschöpft. Es werden Hotelzimmer angemietet, Turnhallen hergerichtet oder herzurichtende Immobilien gesucht.

Unstreitig hat der Bund im Jahre 2023 über 2,75 Mrd. Euro als Hilfe für die Kommunen an die Länder gegeben. Angesichts der Herausforderungen waren die Erwartungen hoch, dass es zumindest ein deutliches Signal des Bundes für eine höhere und dauerhafte Beteiligung an den Kosten gibt. Dies ist leider komplett ausgeblieben. Auch der Hinweis an das Bundesfinanzministerium, dass die Kommunen schon jetzt für 2024 planen und investieren müssen, blieb im Ergebnis ohne Erfolg und es wurde darauf verwiesen, dass die Länder die ihnen zufließenden Mittel nur teilweise an die Kommunen weiterleiten (Rheinland-Pfalz 50 % der 2023-Mittel).

Anerkannt wurde, dass die Gemeinden und Städte mit über 200.000 Schulkindern sowie tausenden von Kita-Plätzen den Schwerpunkt der Integration zu leisten haben. Gerade weil Deutschland in allen Bereichen unter einem großen Fachkräftemangel leidet, muss es schneller und besser gelingen, gerade die oftmals gut qualifizierten Ukrainerinnen und Ukrainer in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Denn sowohl für die Einwohner als auch für die Geflüchteten oder Asylbewerber gilt: ohne Kindertagesbetreuung ist Arbeit nur selten möglich. Hinzu kommt, dass auch die Teilnahme an einem Sprachkurs als Grundlage für den Arbeitsmarkt einer Kinderbetreuung bedarf.

Immerhin ist das Bemühen der Bundesebene erkennbar, den Zustrom illegaler Zuwanderung zu begrenzen und Rückführungen im größeren Umfang zu ermöglichen. Das ist auch für die Akzeptanz in der Bevölkerung ein unverzichtbarer Baustein. Neben Grenzkontrollen zu Österreich, gemeinsamen Kontrollen mit der Schweizer Polizei in den Zügen wurden Rückführungsabkommen mit Indien geschlossen und mit dem Irak wird zurzeit ein solches verhandelt. Gemeinsam mit der EU wird der Druck auf Drittstaaten zur Rücknahme der Menschen erhöht. Auch die seitens der EU beschlossenen Maßnahmen zum besseren Schutz der EU-Außengrenzen können zumindest mittelfristig eine Wirkung erzielen. Zu begrüßen ist zudem, dass Rheinland-Pfalz eigene Rückführungsprogramme auflegt und Anreize zur freiwilligen Ausreise gestaltet.

Wir erwarten, dass der jetzt vorbereitete nächste Gipfel vor Ostern beim Bundeskanzler mit den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten nicht nur gute Absichten produziert, sondern die Migrationspolitik finanziell und im Hinblick auf die langfristige Schaffung zusätzlicher Unterkünfte und Integrationsmaßnahmen auf eine neue Grundlage stellt.

Das Thema Zuwanderung und Migration wird uns noch Jahrzehnte beschäftigen und die Hoffnung, irgendwie lösen sich die Probleme in den nächsten Jahren von alleine, ist nicht gerechtfertigt. Deswegen müssen wir auch den Druck in der europäischen Gemeinschaft zu einer faireren Verteilung deutlich erhöhen.


GStB-Kommentar aus Gemeinde und Stadt 02/2023

Dr. Karl-Heinz Frieden
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes