Der Unmut in den Ortsgemeinden ist, nachdem nun die Auswirkungen des neuen Landesfinanzausgleichsgesetzes vor Ort Realität werden, immens. Wie im Gesetzgebungsverfahren von uns deutlich gemacht, erhalten durch die Neuregelung des LFAG die Ortsgemeinden keine ausreichende Finanzausstattung und sollen stattdessen kräftig an der Steuerschraube drehen. Hinzu kommt, dass die Datenlage 2017 bis 2019, auf der die Neufassung beruht, u. a. hinsichtlich der Aufgabenstellung schon längst nicht mehr die Realität der Kommunen widerspiegelt. Durch den Zuzug von Flüchtlingen und Kriegsvertriebenen, den Ausbau der Kindertagesstätten, den Tarifsteigerungen sowie aufgrund der Umsetzung vom Land mitgetragener Konzepte im ÖPNV usw. haben sich die Rahmenbedingungen massiv verändert. Diese Entwicklungen haben die Kommunen nicht zu vertreten.
1.256 der 2.260 Ortsgemeinden in Rheinland-Pfalz haben keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können. Damit sind formell fast 55 % nicht ausreichend handlungsfähig und auf eine wohlwollende Praxis der Kommunalaufsicht mit der Genehmigung auch nicht ausgeglichener Haushalte angewiesen! 279 Gemeinden befinden sich (Stand: August 2023) in der vorläufigen Haushaltsführung (13,76 %), also im sogenannten Nothaushalt. Die Zahlen machen eines deutlich: Die Finanzsituation in Freisbach ist kein Einzelfall. Die Gemeinden und Städte in Rheinland-Pfalz sind nach wie vor strukturell unterfinanziert. Und die Folgen werden vor allem die Menschen, die in den Dörfern und Städten leben, zu spüren bekommen.
Bereits jetzt steht fest, dass im Rahmen des Doppelhaushaltes des Landes 2023/2024 im Jahr 2024 die Finanzausgleichsmasse wieder um mehr als 130 Mio. € gekürzt wird; diese Kürzung trifft mit rund 114 Mio. € die Schlüsselzuweisungen A und B.
Die Kommunen sind nicht bereit, diese Situation einfach hinzunehmen. Auf unserer Homepage unter der Rubrik „Rettet die lokale Demokratie“ weisen wir auf zahlreiche Beispiele und weitere Informationen hin.
Immer weiter bei den Bürgerinnen und Bürgern an der Steuerschraube zu drehen, ist keine Lösung und wird gerade in kleineren Gemeinden nicht zu einem ausgeglichenen Haushalt führen. Daher muss jetzt gehandelt werden! Der Kommunale Finanzausgleich muss unverzüglich neu aufgestellt werden, um eine aufgabenangemessene Finanzausstattung zu gewährleisten, die auch Handlungs- und Gestaltungsspielraum ermöglicht. Wir brauchen ein gerechtes und zeitgleich einfacheres System. Einen Vorschlag hat der GStB hierzu bereits vorgelegt. Bis zum Inkrafttreten des neuen Finanzierungssystems ist ein Soforthilfeprogramm für die Kommunen in Rheinland-Pfalz erforderlich. Hierzu gehört auch, dass die durch Landesgesetze vorgegebenen Standards auf den Prüfstand zu stellen sind. Schließlich regelt Art. 49 Abs. 6 Satz 1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz, dass das Land die erforderlichen Mittel im Wege des Lasten- und Finanzausgleichs zu sichern hat.
GStB-Kommentar aus Gemeinde und Stadt 08/2023
Dr. Karl-Heinz Frieden
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes