Kommunales Ehrenamt: Handlungsfähigkeit sichern, Demokratie stärken!

„Die Ergebnisse der Umfrage der Körber-Stiftung zur Sicht der Amtsträger auf die Umstände des Ehrenamtes machen den dringenden Handlungsbedarf zur Stärkung unseres kommunalen Ehrenamtes deutlich. Ansonsten laufen wir Gefahr, dass diese wichtige Basis der Demokratie auf Dauer erodiert“, betonte Moritz Petry, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Gemeinde- und Städtebundes.

In keinem Bundesland gibt es so viele ehrenamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister wie in Rheinland-Pfalz. Insgesamt sind hier 2.260 Personen ehrenamtlich als Bürgermeister tätig (bundesweit über 6.000 Personen). Nach der Umfrage der Körber-Stiftung sind 50 Prozent der Amtsinhabenden mit den Rahmenbedingungen unzufrieden. In Rheinland-Pfalz ist die Unzufriedenheit dabei mit 63 Prozent besonders hoch. Diese Ergebnisse sind ernst zu nehmen.

Die Landesregierung hat im vergangenen Jahr mit der Erhöhung der Aufwandsentschädigung und der Änderung der Verwaltungsvorschrift zur Gemeindeordnung hinsichtlich des Unterstützungsbedarfs der Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeister durch Personal wichtige Maßnahmen für das kommunale Ehrenamt ergriffen. Hierauf kann sich aber nicht ausgeruht werden.

Der Gemeinde- und Städtebund fordert daher das Land erneut auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Handlungsfähigkeit der 2.260 ehrenamtlich geführten Ortsgemeinden im Land zu sichern. „Wer sich als Ortsbürgermeisterin, Ortsbürgermeister oder Ratsmitglied für die eigene Gemeinde einbringt, möchte auch gestalten. Das gelingt aber nur, wenn auch die entsprechenden Finanzmittel vorhanden sind. Das ist im Moment aber nicht der Fall. Die rheinland-pfälzischen Kommunen haben im letzten Jahr ein Minus von 565 Mio. Euro gemacht. Das Land muss die Situation ernst nehmen. Die Folgen werden vor allem die Menschen, die in den Dörfern und Städten leben, zu spüren bekommen. Wir brauchen eine zeitnahe Überarbeitung des Landesfinanzausgleichsgesetzes, das die Geldflüsse zwischen Land und Kommunen regelt. Auch wenn das Gesetz noch jung ist, haben sich bereits jetzt die Rahmenbedingungen für die Frage, was für die erforderliche Mindestausstattung plus Gestaltungsspielraum benötigt wird, geändert. Neben den gestiegenen Flüchtlingszahlen schlägt der hohe Tarifabschluss ebenso zu Buche wie die gestiegenen Baukosten. Auch der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter wird nicht zum Nulltarif erfüllt werden können. Es muss jetzt dringend gehandelt werden, denn ansonsten werden immer weniger Menschen bereit sein, sich ehrenamtlich für die Kommune zu engagieren und das wird zu einer echten Gefahr für die lokale Demokratie“, so Petry weiter.

Neben der fehlenden Gestaltungsmacht aufgrund der schwierigen Finanzsituation ist vor allem aber auch die zeitliche Belastung sowie die zunehmende Bürokratie zu einem Problem geworden. Von den 2.430 Gemeinden und Städten im Land werden 2.260 ehrenamtlich geführt, indem die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister diese Aufgabe in der Regel gleichzeitig neben einem Beruf ausüben. Dabei steigen die Anforderungen an das Amt seit Jahren immer weiter an. So werden viele der Kindertagesstätten in Trägerschaft der Ortsgemeinden geführt, die Schaffung von Anlagen alternativer Energien, von Nahwärmenetzen, von Wohnraum oder die Ansiedlung von Wirtschaftsunternehmen für Arbeitsplätze und Steuereinnahmen – all das und viel mehr findet dort statt. Gleichzeitig werden die Aufgaben komplexer und immer mehr öffentliche und private Stellen sind zu beteiligen. Das erfordert Zeit. „Um die Situation der Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeister zu verbessern, brauchen wir neben einer besseren Finanzausstattung auch bessere Rahmenbedingungen für die Freistellungen beim Arbeitgeber und vor allem zur personellen Unterstützung durch die Verbandsgemeinden. Hierzu gehört, dass wir im Wettbewerb um die besten Köpfe in Zeiten des Fachkräftemangels mit Blick auf die Nachbarbundesländer, aber auch anderen Behörden mithalten können. Deswegen muss das Land hier bestehende gesetzliche Deckelungen im Beamtenrecht anpassen und der Rechnungshof muss anerkennen, dass nur so das System von ehrenamtlich geführten Gemeinden und Städten mit Unterstützung durch die Verbandsgemeinden aufrechterhalten werden kann“, so Petry weiter.

Petry plädiert zudem für mehr Wertschätzung für die Ehrenamtler: „Die Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeister sind nahezu rund um die Uhr die Ansprechperson und Kümmerer vor Ort. Für viele sind sie schlechthin das Gesicht des Staates vor Ort. Wenn man sich die zahlreichen Aufgaben der Ortsgemeinden anschaut, ist es mehr als beeindruckend, was alles im Ehrenamt geleistet wird. Deswegen haben wir kein Verständnis, wenn vor Ort Entschädigungen für finanzielle Einbußen beim Beruf kritisiert oder gar in Frage gestellt werden. Diese Ansprüche sind gesetzlich verbürgt. Diese in Frage zu stellen, ist auch ein Zeichen fehlender Wertschätzung.“

„Gerade mit Blick auf die Kommunalwahl haben wir die große Sorge, dass immer weniger Rats- und Mandatsträgerinnen sowie Rats- und Mandatsträger bereit sein werden, unter diesen Bedingungen noch für ein kommunales Amt zur Verfügung zu stehen“, hob Petry abschließend hervor.

Der Gemeinde- und Städtebund hat im Rahmen seiner Mitgliederversammlung am 13. November 2023 in der Ingelheimer Erklärung „Rettet die lokale Demokratie“ Maßnahmen zur weiteren Stärkung des kommunalen Ehrenamtes gefordert:

  • Kommunalen Finanzrahmen jetzt verbessern
  • Die Verwaltungen müssen nun auch in die Lage versetzt werden, das Ehrenamt mit entsprechendem Personal zu unterstützen, ohne dass dieses seitens der Kommunalaufsicht bzw. des Rechnungshofs in Frage gestellt wird.
  • Erforderlich ist ein gesetzlicher Anspruch auf pauschalierte Freistellung.
  • Um Nachwuchsgewinnung zu ermöglichen und mehr Frauen für die Kommunalpolitik zu gewinnen, ist die Beschränkung des § 5 KWG, wonach bei einer Beschäftigung in der Gemeinde nur bei überwiegend körperlicher Tätigkeit zulässig ist, zu streichen.

Pressemeldung des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz vom 11. April 2024