Grundflächenverzeichnis für die Jagdgenossenschaft (GuSt Oktober 2011)

Grundflächenverzeichnis für die Jagdgenossenschaft

Für die Feststellung der Flächen­stimmen der Jagdgenossen in der Genossenschaftsversammlung sowie die Berechnung deren Anteile am Ertrag bedarf es eines aktuellen und gewissenhaft geführten Grundflä­chenverzeichnisses oder Genossen­schaftskatasters.

Der Gemeinde- und Städtebund hat die Entwicklung ei­nes EDV-Systems initiiert, das dabei hilfreiche Dienste leisten und mo­derne Informationstechnologie für die Verwaltung der Jagdgenossen­schaften nutzbar machen soll.

Gesetzliche Grundlagen und An­forderungen 

Die Jagdgenossenschaften werden in § 7 Abs. 4 Nr. 2 der Landesverord­nung zur Durchführung des Landes­jagdgesetzes (LJGDVO) sowie in § 13 Abs. 2 Nr. 2 der Mustersatzung für Jagdgenossenschaften (Anlage 1 zur Verwaltungsvorschrift zum Landesjagdgesetz) zur Führung eines Grund­flächenverzeichnisses verpflichtet. 

Für jede Grundfläche des Jagd­bezirks muss eine Feststellung über die Bejagbarkeit getroffen werden, da nach dem Landesjagdgesetz (LJG) Eigentümer von Grundflächen, auf denen die Jagd ruht, der Jagdgenos­senschaft nicht angehören (§ 11 Abs. 1 LJG). Darunter fallen regelmäßig die bebauten Siedlungsflächen mit Haus- und Hofräumen sowie Haus­gärten und ggf. weitere Flächen. 

Das Grundflächenverzeichnis muss außerdem Auskunft geben über die Größe der bejagbaren Fläche des Jagdbezirks sowie den Flächen­anteil jedes einzelnen Jagdgenossen. Nach § 11 Abs. 4 LJG bedürfen nämlich die Beschlüsse der Jagdge­nossenschaft der doppelten Mehr­heit, d.h. neben der Stimmenmehr­heit auch der Flächenmehrheit der abstimmenden Jagdgenossen. Die ob­ligatorische Niederschrift über den Ab­lauf einer Genossenschaftsversamm­lung muss für die einzelnen Beschlüs­se das Abstimmungsergebnis hinsicht­lich Personen- und Flächenstimmen protokollieren (§ 5 Abs. 5 Muster­satzung für Jagdgenossenschaften).

Außerdem richten sich die Anteile der einzelnen Jagdgenossen an Nutzungen und Lasten der Jagdge­nossenschaft, insbesondere der an­teilige Reinertrag, jeweils nach der Größe der bejagbaren Grundfläche im Jagdbezirk (vgl. § 12 Abs. 2 LJG und § 15 Abs. 1 Mustersatzung für Jagdgenossenschaften). Die Ver­pflichtung der Jagdgenossenschaft, ein Grundflächenverzeichnis anzu­legen und zu führen, wird durch die einschlägige Rechtsprechung bestä­tigt. Erst dadurch werde es der Jagd­genossenschaft möglich, einen Über­blick über den Jagdbezirk zu gewin­nen und bei Zweifeln hinsichtlich der Mehrheitsverhältnisse in der Jagd­genossenschaftsversammlung auf ei­ne Kontrolle zurückgreifen zu kön­nen (OVG Nordrhein-Westfalen, 17. 9.1985 und VG Minden, 24.1.1986).

Wegen der dargestellten grundsätz­lichen Bedeutung für die Ausübung der Rechte der Jagdgenossen muss das Grundflächenverzeichnis nach seiner Aufstellung oder Änderung zur Einsichtnahme ausgelegt werden (§ 15 Abs. 2 Mustersatzung für Jagd­genossenschaften). Dadurch ist den einzelnen Jagdgenossen Möglichkeit gegeben, die sie betreffenden Ein­träge zu prüfen und Einspruch ge­gen eventuelle Unrichtigkeiten zu erheben.

Aufstellung, Führung und Pflege 

Die erforderlichen Katasterdaten über die Grundflächen und die Ei­gentumsverhältnisse können durch die Jagdgenossenschaft bei der Ver­messungs- und Katasterverwaltung angefordert werden. Diese („Roh-“) Daten nehmen jedoch noch keine Abgrenzung der bejagbaren Flächen vor. Darüber hinaus können die Grenzen des jeweiligen Jagdbezirks von den vorgegebenen Gemarkungs­grenzen abweichen, z.B. falls Abrun­dungen durch die Jagdbehörden er­folgt sind. Die Hauptaufgabe bei der Erstellung eines Grundflächenver­zeichnisses besteht folglich in der Abgrenzung der einzelnen Grund­flächen nach der Bejagbarkeit (be­jagbare und nicht bejagbare Flä­chen) und der Überprüfung der korrekten und vollständigen Erfas­sung der Grundflächen entlang der Jagdbezirksgrenzen.

Dabei gelingt die Abgrenzung der Grundflächen meist einfach und schnell in der freien Flur (landwirt­schaftliche Flächen und Wald, i.d.R. bejagbare Flächen) und innerhalb der Siedlungsflächen (i.d.R. „Be­friedete Bezirke“ kraft Gesetz, d.h. nicht bejagbare Flächen). Deutlich schwieriger fällt es dagegen in den Übergangsbereichen dazwischen. In manchen Fällen kann die Abgren­zung sogar durch ein Flurstück ver­laufen, wenn sich nur Teilbereiche als bejagbar herausstellen: Ein Flur­stück in Siedlungsrandlage mit nur teilweiser Bebauung, Hausgarten und sich zur Feldflur anschließender Streu­obstwiese ist i.d.R. aufzuteilen in ei­nen nicht bejagbaren Teil (Bebau­ung und Hausgarten als befriedete Bezirke) und eine bejagbare Teil­fläche (Streuobstwiese), die in das Grundflächenverzeichnis der Jagdge­nossenschaft aufzunehmen ist. Dar­über hinaus können weitere Grund­flächen als befriedete Bezirke und damit als nicht bejagbare Flächen gelten oder dazu erklärt werden (vgl. § 8 Abs. 2 und 3 LJG).

Die laufende Führung und Pflege des Grundflächenverzeich­nisses beschränkt sich im Wesentli­chen auf die Aktualisierung der Ei­gentümerverhältnisse (Grundflächen­verkehr, Erbfälle etc.), in weniger häufigen Fällen werden Änderun­gen der Abgrenzung der bejagbaren Fläche erforderlich sein (z.B. Be­bauung von Neubaugebieten, Be­friedung einzelner Grundflächen durch die Jagdbehörden) oder gar des Jagdbezirks (Abrundungen durch die Jagdbehörden). Nach jeder Än­derung des Grundflächenverzeich­nisses, spätestens jedoch vor einer nachfolgenden Genossenschaftsver­sammlung, sollte die rechtzeitige Auslegung zur Einsichtnahme durch die Jagdgenossen erfolgen. Nur dann kann das Grundflächenverzeichnis gültig festgestellt vorliegen, seinem Zweck gerecht werden und zu rei­bungslosen Abläufen in der Jagdge­nossenschaft beitragen.

Elektronische Jagdkataster 

Das Erstellen und Führen eines Grundflächenverzeichnisses stellt die Jagdgenossenschaften vielerorts vor erhebliche Probleme. Nicht selten be­stehen deutliche Mängel hinsicht­lich der Vollständigkeit und der Ak­tualität der Daten. Der GStB hat vor diesem Hintergrund über seinen Fach­beirat „Forst und Jagd“ die Ent­wicklung eines EDV-Systems zur zeit­gemäßen Aufstellung und Führung eines Grundflächenverzeichnisses in­itiiert. Dieses soll den Mitgliedern des GStB ab Sommer 2012 zur Ver­fügung stehen.

Dabei handelt es sich um eine serverbasierte Anwendung, die auf die aktuellen Katasterdaten des Lan­desvermessungsamtes als Grundla­ge zugreift. Die schon erwähnte Ab­grenzung der bejagbaren Flächen und die Überprüfung der Jagdbe­zirksgrenze, die grundsätzlich vor Ort erfolgen müssen, werden unter Zuhilfenahme von Luftbildkarten er­heblich erleichtert. Eine örtliche In­augenscheinnahme einzelner Grund­stücke dürfte dadurch nur noch ausnahmsweise in besonders schwieri­gen Fällen erforderlich sein.

Eine Aktualisierung der Katas­terdaten, d.h. auch die Eigentums­verhältnisse an den einzelnen Grund­flächen des Jagdbezirks, erfolgt auto­matisch durch die Übernahme der jeweils aktuellen Katasterdaten des Landesvermessungsamtes. Änderun­gen hinsichtlich der Bejagbarkeit der Grundflächen sowie des Zuschnitts des Jagdbezirks müssen dagegen nach wie vor örtlich in das EDV-System übernommen werden.

Neben dem eigentlichen Grund­flächenverzeichnis soll das EDV-Programm Hilfestellung für typi­sche Anwendungen des Grundflä­chenverzeichnisses bieten. Ein „Versammlungsassistent“ soll für Ge­nossenschaftsversammlungen einen schnellen Überblick über Stimmver­hältnisse und erleichterte Anferti­gung der Niederschrift leisten, ein „Kassenassistent“ Planung und Füh­rung des Haushalts, Fertigung der Jahresrechnung und eine automati­sierte Aufstellung von Auskehrungs- ­und Umlagelisten ermöglichen.

Letztlich steht darüber hinaus mithilfe des Programmes eine jeder­zeit aktuelle, flurstückscharfe Karte des Jagdbezirks zur Verfügung, wel­che sogar mit Luftbildern hinterlegt werden kann. Im üblichen Verkehr mit Jagdpächtern, insbesondere im Zusammenhang mit dem Jagdpacht­vertrag (erforderlicher Lageplan des Jagdbezirks, Teilverpachtung von „Jagdbögen“) dürfte das von zusätz­lichem Nutzen sein, die Rechtssi­cherheit erhöhen und einen profes­sionellen Eindruck hinterlassen.


Aufsatzt aus Gemeinde und Stadt Oktober 2011

Autor: Georg Bauer
Referent im Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz