Jagdgenossenschaften in Rheinland-Pfalz (GuSt Oktober 2011)

Jagdgenossenschaften in Rheinland-Pfalz

Die Eigentümer der Grundflächen, die zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören, bilden eine Jagdgenossenschaft. Im gemeinschaftlichen Jagdbezirk steht der Jagdgenossenschaft die Wahrneh­mung des Jagdrechts zu.

Ihre Hauptaufgabe ist es, den gemeinschaftlichen Jagdbezirk im Interesse der Jagdgenossen zu verwal­ten, seine Nutzung sicherzustellen sowie für den Ersatz des den Jagdgenossen entstehenden Wildschadens zu sorgen. Gerade im ländlichen Raum kommt den Jagdgenossenschaften eine wichtige Rolle zu.

Rechtscharakter der Jagd­genossenschaft

Die Jagdgenossenschaft teilt hin­sichtlich ihrer Entstehung und ihres Untergangs das rechtliche Schicksal des gemeinschaftlichen Jagdbezirks gemäß § 10 LJG. Im Detail bedeutet dies:

  • Wenn ein gemeinschaftlicher Jagd­bezirk neu entsteht, so entsteht gleichzeitig kraft Gesetzes die ent­sprechende Jagdgenossenschaft. Eines besonderen Errichtungsak­tes bedarf es nicht.
  • Wenn ein gemeinschaftlicher Jagd­bezirk untergeht (z.B. wegen Un­terschreitung der Mindestgröße oder wegen der vollständigen Zu­sammenlegung von Gemeinden), so geht auch die Jagdgenossen­schaft unter.
  • Wenn ein gemeinschaftlicher Jagd­bezirk nach § 10 Abs. 3 LJG ge­teilt wird, so wird die bisherige Jagdgenossenschaft aufgelöst und mehrere neue Jagdgenossenschaf­ten entstehen
  • Wenn Grundflächen an einen ge­meinschaftlichen Jagdbezirk an­gegliedert werden, so wird die Jagdgenossenschaft entsprechend größer.

§ 11 Abs. 1 Satz 1 LJG begründet ei­ne Pflichtmitgliedschaft der Eigen­tümer bejagbarer Grundstücke in der Jagdgenossenschaft. Kraft Ge­setzes, d.h. unabhängig vom indivi­duellen Willen, gehören die betrof­fenen Grundstückseigentümer der Jagdgenossenschaft an. Eines for­malen Eintrittsaktes bedarf es nicht, ein Austritt ist nicht möglich. 

Durchgängiger Tenor der Recht­sprechung ist, dass die Pflichtmit­gliedschaft kleinerer Grundstücks­eigentümer in der Jagdgenossen­schaft nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. In der Abwägung sind die Ziele des Gemeinwohls höher zu gewichten als die Beein­trächtigung des einzelnen Eigentü­mers, die Jagd auf seinem Grund und Boden zu dulden. Die flächen­deckende Bejagung ist durch das öffentliche Interesse gerechtfertigt und berücksichtigt auch den Schutz der Rechtsgüter aller anderen Jagd­genossen. Ein angemessener Aus­gleich für die Einschränkung des Eigentums ist in den Mitwirkungs­rechten in der Jagdgenossenschaft sowie im Reinertragsanspruch zu sehen. 

Für die Rechtsnatur der Jagd­genossenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 11 Abs. 1 Satz 1 LJG) spricht ihre Entstehung kraft Gesetzes, die Pflichtmitgliedschaft, die Wahrnehmung bestimmter öf­fentlich-rechtlicher Aufgaben sowie die Staatsaufsicht. Die Jagdgenos­senschaft ist rechtsfähig und damit Trägerin von Rechten und Pflichten. Sie verwaltet ihre Angelegenheiten im Rahmen der gesetzlichen Vor­schriften selbstständig. Die Staats­aufsicht ist eine reine Rechtsauf­sicht, die sich darauf beschränkt, dass die Jagdgenossenschaft ihren gesetzlichen Verpflichtungen nach­kommt und dass sich ihre Tätigkeit im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften vollzieht. Die Bestim­mungen der Gemeindeordnung über die Staatsaufsicht gelten sinngemäß. 

Die Jagdgenossenschaft regelt im Rahmen des Selbstverwaltungs­rechts ihre Angelegenheiten durch Erlass einer Satzung. § 11 Abs. 2 Satz 5 LJG schreibt die Pflicht zum Erlass einer Satzung vor. Die Sat­zung und ihre Änderung bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbe­hörde. Wird die Mustersatzung der obersten Jagdbehörde übernommen, ist statt der Genehmigung lediglich die Anzeige erforderlich. 

Umlageforderungen der Jagd­genossenschaft ergehen als Hoheits­akte, die gemäß § 11 Abs. 6 LJG nach den Bestimmungen des Lan­desverwaltungsvollstreckungsgeset­zes vollstreckt werden. Die Rechts­beziehungen zwischen der Jagdge­nossenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts und den einzel­nen Jagdgenossen sind öffentlich­rechtlicher Natur.

Jagdgenossenschaft und Gemeinde 

In Rheinland-Pfalz ist die enge Ver­bindung zwischen den Jagdgenos­senschaften und den Gemeinden charakteristisch. Die Kommunen be­sitzen allein über ihr Waldeigentum im Regelfall Eigenjagdbezirke, auf deren selbstständige Nutzung sie aber überwiegend verzichten (§ 9 Abs. 5 LJG). Dies dient den Interes­sen der Jagdgenossenschaften, da die jagdlich wertvollen Waldflächen die gemeinschaftlichen Jagdbezirke deutlich aufwerten.

In der Konsequenz verfügt die Gemeinde in einer Vielzahl von Fäl­len über die größte Grundfläche in der Jagdgenossenschaft und der Orts­bürgermeister nimmt das Amt des Jagdvorstehers wahr oder wirkt zu­mindest im Jagdvorstand mit. Die Verwaltungsgeschäfte der Jagdge­nossenschaft sind vielerorts auf die Gemeinde übertragen (§ 11 Abs. 7 LJG). Nicht ausgezahlte Reinertrags­anteile, welche die Jagdgenossen für den Wirtschaftswegebau zur Verfü­gung stellen, werden auf die bei­tragsfähigen Aufwendungen und Kos­ten nach § 11 KAG angerechnet.

Die vielfältigen Verknüpfun­gen zwischen Jagdgenossenschaften und Gemeinden dürfen allerdings nicht verdecken, dass es sich bei der Jagdgenossenschaft um eine völlig eigenständige Körperschaft des öf­fentlichen Rechts handelt. Im ge­meinschaftlichen Jagdbezirk ist al­lein die Jagdgenossenschaft als Trä­ger der aus dem Jagdrecht entspringenden Rechte und Pflichten anzu­sehen.

Die Zahl der gemeinschaftli­chen Jagdbezirke und demgemäß auch der Jagdgenossenschaften in Rheinland-Pfalz wird seitens der Landesregierung mit 2.365 angege­ben (LT-Drs. 15/3030). Die einzel­nen Jagdgenossenschaften setzen sich im Vergleich zu anderen Bun­desländern aus einer Vielzahl von Jagdgenossen zusammen. Als Folge der Realteilung handelt es sich bei den Grundflächen, die zu einem ge­meinschaftlichen Jagdbezirk gehö­ren, nämlich häufig um Klein- und Kleinstflächen.

Weit überwiegend haben die Jagdgenossenschaften im Land heute mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Einladungen zu Jagd­genossenschaftsversammlungen stoßen vor Ort kaum auf Resonanz, die Bereitschaft zum Engagement in den Jagdvorständen sinkt, die Über­alterung der handelnden Personen nimmt zu. Ohne kommunales Enga­gement wäre vielerorts die Hand­lungsfähigkeit der Jagdgenossen­schaften nicht mehr gewährleistet.

Fachbeirat „Forst und Jagd“ des Gemeinde- und Städtebundes 

Der Gesetzgeber verfolgt mit dem Landesjagdgesetz vom 9.7.2010 das Ziel, die Eigenverantwortung der Grundeigentümer zu stärken. Um diesem Anspruch in der Realität näher zu kommen, ist begleitend zum neuen Gesetz ein fachliches Infor­mations- und Beratungsangebot eta­bliert worden. Der Gemeinde- und Städtebund hat zur Unterstützung der Kommunalverwaltungen und der ehrenamtlich tätigen Ortsbür­germeister und Jagdvorsteher zum Jahresbeginn 2011 den Fachbeirat „Forst und Jagd“ ins Leben gerufen.

Die Resonanz ist äußerst posi­tiv. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt sind über 50 Verbandsgemeinden und Städte dem Fachbeirat beige­treten. Im Regelfall erwirbt eine Verbandsgemeinde die Mitglied­schaft für alle Jagdgenossenschaf­ten, deren Verwaltungsgeschäfte sie führt, sowie für kommunale Eigen­jagdbezirke, die selbstständig genutzt werden. In Abhängigkeit von der Anzahl der Jagdgenossenschaf­ten und kommunalen Eigenjagdbe­zirke wird eine Beitragsstaffelung vorgenommen. Die Refinanzierung dieses Mitgliedsbeitrags kann vor Ort, in der Regel über die Jagdge­nossenschaften, erfolgen.

Zentrale Dienstleistung im Rahmen des Fachbeirats ist die Be­ratung vor Ort (vgl. „Gemeinde und Stadt“, Heft 1/2011; siehe unter Fachbeirat Forst und Jagd). Die Aufgabe wird von Georg Bauer, Forstbeamter des höheren Dienstes, wahrgenommen, der sei­tens des zuständigen Ministeriums dem Gemeinde- und Städtebund für drei Jahre zugewiesen wurde.

Aus kommunaler Sicht ist von großer Bedeutung, dass die Chan­cen, die das neue Landesjagdgesetz für Gemeinden und Jagdgenossen­schaften mit sich bringt, von Beginn an konsequent genutzt werden. Die Reaktionen aus der kommunalen Praxis zeigen, dass hierzu vielerorts besondere Hilfestellungen erforder­lich und gewünscht sind. Die be­währte Kooperation (in personeller und finanzieller Hinsicht) zwischen Ortsgemeinden und Jagdgenossen­schaften wird auf diesem Wege gefes­tigt.

Der Gemeinde- und Städte­bund appelliert und bittet, das neue Dienstleistungsangebot im Rahmen des Fachbeirates „Forst und Jagd“ zu nutzen!


Aufsatz aus Gemeinde und Stadt Oktober 2011

Autor: Dr. Stefan Schaefer
Referent im Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz